Der Weg in die USA: Grundüberlegungen zur Wahl der Rechtsform einer amerikanischen Tochtergesellschaft (Teil 3)

  1. Home
  2. News & Insights
  3. Der Weg in die USA: Grundüberlegungen zur Wahl der Rechtsform einer amerikanischen Tochtergesellschaft (Teil 3)

Die USA sind einer der wichtigsten Handelspartner Deutschlands. Während viele deutsche Unternehmen schon seit Jahren oder Jahrzehnten in den USA tätig sind, versuchen viele - besonders mittelständische - Firmen erst jetzt ihre Chancen dort zu nutzen. Egal, ob es sich um einen multinationalen Konzern oder ein KMU im Familienbesitz handelt, bei der Begegnung mit dem - manchmal verwirrenden - amerikanischen Rechtssystem tauchen häufig die gleichen Fragen auf. Ziel dieser Reihe ist es, diese Fragen praktisch zu beantworten sowie einige Grundkenntnisse über die gegenwärtige Rechtslage in den USA zu vermitteln.

Im Fokus dieses Artikels sowie seiner Vorgänger steht die Wahl der Rechtsform bei der Gründung einer amerikanischen Tochtergesellschaft. Schwerpunkte der ersten zwei Teile waren das anwendbare Recht sowie ein allgemeiner Überblick über Corporations, LLCs und Partnerships; dieser Teil vergleicht die amerikanische Steuerlast1 einiger möglicher Strukturen für die amerikanische Tochtergesellschaft eines deutschen Unternehmens bzw. Investors.

  • Zu Beginn muss man sich die folgenden Fragen stellen:
  • Um welche Art von Person - juristisch oder natürlich - handelt es sich bei dem Unternehmen bzw. dem Investor?
    • Wenn es sich um eine natürliche Person handelt: Ist diese in Deutschland ansässig?2 Jemand, der in Deutschland aufgrund seines Wohnsitzes oder seines ständigen Aufenthaltes steuerpflichtig ist, wird normalerweise als in Deutschland ansässig betrachtet.
    • Wenn es sich um eine juristische Person handelt: Ist sie aus Sicht des IRS eine in Deutschland ansässige "Corporation"3 oder ist sie steuerlich transparent?4 Wenn sie steuerlich transparent ist: Was für Eigentümer hat sie, und sind diese in Deutschland ansässig?
  • Welche Art von Rechtsperson ist die Tochtergesellschaft? Wenn sie aus Sicht des IRS keine Corporation ist, wird sie als eine Zweigniederlassung des Unternehmens bzw. Investors behandelt.

Die folgenden vier Szenarien zeigen, wie die Antworten dieser Fragen erhebliche Auswirkungen auf die amerikanische Steuerlast haben können. Obwohl sie relativ einfach sind, stellen ihre Grundprinzipien einen Rahmen dar, der sich auch für andere Strukturen eignet.

Szenario 1: Amerikanische Corporation im Besitz einer deutschen Corporation. Eine AG oder andere deutsche Rechtsperson, die vom IRS wie eine Corporation behandelt wird (DCo), gründet am 1. Januar eine amerikanische Corporation (US-Inc.), um den Vertrieb ihrer Produkte in den USA aufzubauen. Während des Jahres erzielt US-Inc. einen Gewinn in Höhe von $20,000,000.

US-Inc. unterliegt einer Körperschaftssteuer in Höhe von 35%.5 Nach deren Abzug bleiben $13,000,000 übrig, die an DCo ausgeschüttet werden können. Dividenden von US-Inc. an DCo unterliegen einer Quellensteuer in Höhe von 5% (oder in bestimmten Fällen von 0%).6 Werden die ganzen $13,000,000 ausgeschüttet, erhält DCo $12,350,000 (oder $13,000,000) - d.h. 61.75% (oder 65%) des ursprünglichen Gewinns. Eine Steuererklärung für US-Inc. (auf IRS Formular 1120) sowie einige zusätzliche Informationen über DCo (auf IRS Formular 5472) sind bis zum 15. März des folgenden Jahres einzureichen,7 außerdem - wegen der Dividende - die IRS Formulare 1042, 1042-S und 1042-T

Szenario 2: Amerikanische Corporation im Besitz eines Deutschen. Max Mustermann, Einzelunternehmer und geborener Berliner, gründet am 1. Januar eine amerikanische Corporation (US-Inc.), um den Vertrieb seiner Produkte in den USA aufzubauen. Während des Jahres erzielt US-Inc. einen Gewinn in Höhe von $20,000,000. Max hält sich überwiegend außerhalb der USA auf.8

Wie in Szenario 1 unterliegt US-Inc. einer Körperschaftssteuer in Höhe von 35%. Nach deren Abzug bleiben $13,000,000 übrig, die an Max ausgeschüttet werden können. Dividenden von US-Inc. an Max unterliegen einer Quellensteuer in Höhe von 15%.9 Werden die ganzen $13,000,000 ausgeschüttet, erhält Max $11,050,000 - d.h. 55.25% des ursprünglichen Gewinns. Wie in Szenario 1 müssen IRS Formulare (1120, 5472, 1042, 1042-S und 1042-T) eingereicht werden.

Szenario 3: Amerikanische Zweigniederlassung im Besitz einer deutschen Corporation. Anstelle von US-Inc. gründet DCo am 1. Januar eine amerikanische LLC (US-LLC). Weil DCo nicht optiert, US-LLC als eine Corporation behandeln zu lassen, wird diese aus Sicht des IRS als eine Zweigniederlassung von DCo betrachtet. Während des Jahres erzielt USLLC einen Gewinn in Höhe von $20,000,000.

Die gewerblichen Gewinne einer natürlichen bzw. juristischen deutschen Person, die einer amerikanischen Betriebstätte zugerechnet werden können, unterliegen der amerikanischen Besteuerung.10 Vorausgesetzt, dass die Aktivitäten von US-LLC eine Betriebstätte begründen, wird eine Körperschaftssteuer in Höhe von 35% auf DCo erhoben - aber nur im Ausmaß des Gewinns von US-LLC. Danach bleiben $13,000,000 übrig. Weil US-LLC eine Zweigniederlassung von DCo ist, löst die Ausschüttung keine Quellensteuer aus. Trotzdem unterliegt DCo einer Betriebstättensteuer (Branch Profits Tax), deren Zweck es ist, solche Ausschüttungen ähnlich wie Dividenden zu besteuern.11 Um diese Steuer zu ermitteln, muss DCo seinen "Dividend Equivalent Amount" berechnen. Dieser entspricht in etwa dem Betrag der hypothetischen Dividenden, die US-LLC an DCo bezahlt hätte, wenn US-LLC eine Corporation wäre.

Beträgt der Dividend Equivalent Amount $13,000,000, liegt der anwendbare Steuersatz bei 5% (oder in bestimmten Fällen bei 0%).12 Folglich erhält DCo $12,350,000 (oder $13,000,000) - d.h. 61.75% (oder 65%) des ursprünglichen Gewinns. Dies entspricht genau der Steuerbelastung von Szenario 1. Eine Steuererklärung für DCo (auf IRS Formular 1120-F) ist einzureichen.

Szenario 4: Amerikanische Zweigniederlassung im Besitz eines Deutschen. Anstelle von US-Inc. gründet Max Mustermann am 1. Januar eine amerikanische LLC (US-LLC). Während des Jahres erzielt US-LLC einen Gewinn in Höhe von $20,000,000. Max hält sich überwiegend außerhalb der USA auf.

Wie in Szenario 3 unterliegt dieser Gewinn der amerikanischen Besteuerung.13 Da Max eine natürliche Person ist, wird Einkommensteuer anstatt Körperschaftssteuer erhoben, jedoch weder Quellensteuer noch Branch Profits Tax. Bei einem Spitzensteuersatz von 39.6%14 erhält Max $12,080,000 - d.h. 60.4% des ursprünglichen Gewinns. Er muss bis zum15. April des folgenden Jahres eine Steuererklärung (auf IRS Formular 1040-NR) einreichen.

Die Szenarien 1 und 3 erweisen sich als die zwei "günstigsten" Varianten; allerdings nur im Hinblick auf die amerikanische Steuerlast auf Dividenden. In der Praxis begegnet man verschiedenen Strukturen (z.B. einer LP im Besitz einer GmbH & Co. KG). Dafür gibt es viele mögliche Gründe:

  • Neben Ausschüttungen gibt es andere Möglichkeiten (Zinsen, Lizenzgebühren usw.), um Gewinne zurückzuführen. Im Allgemeinen unterliegen diese keiner Quellensteuer.15
  • Die Möglichkeit, die Verluste von einem Geschäftsbereich gegen die Gewinne eines anderen abzurechnen, kann zu einer Struktur mit einer Zweigniederlassung anstatt einer Corporation führen.
  • Während eine Zweigniederlassung eine jährliche Betriebstättensteuer auslöst, können Aktionäre einer Corporation das Timing der Quellensteuer selbst abstimmen
  • Die deutsche Besteuerung muss ebenfalls in Betracht gezogen werden, um die gesamte Steuerlast zu verstehen.
  • Zudem beeinflussen geschäftliche Gründe die Wahl der Struktur. Zum Beispiel möchten Fonds oft kein Einkommen erzielen, sondern warten auf den Erlös eines späteren Verkaufs. Außerdem werden einige Geschäfte (z.B. Dienstleistungsfirmen, Arztpraxen usw.) gesetzlich oder traditionell durch bestimmte Arten von juristischen Personen geführt.

Diese drei Artikeln haben hoffentlich gezeigt, dass die Wahl der Rechtsform von mehreren Faktoren abhängt. Schlussendlich sollte man nicht nur die aktuelle Lage, sondern auch die vorhersehbare Zukunft beachten. Auch wenn eine spätere Umwandlung generell möglich ist, kann diese einen hohen steuerlichen Tribut fordern.16

Der nächste Teil dieser Reihe wird sich mit Handels- und Vertragsrecht befassen.

Über den Autor: Adam Konrad ist Shareholder in den Business Law-, International- und Steuergruppen von Reinhart Boerner Van Deuren.

Dieser Artikel stellt allgemeine Informationen zur Verfügung und darf weder als eine Rechtsberatung noch als ein Rechtsgutachten betrachtet werden. Leser sollten sich hinsichtlich ihrer eigenen Sachverhalte rechtlich beraten lassen. Dieser Artikel könnte in einigen Jurisdiktionen als Werbung betrachtet werden.


1 Fast alle Staaten in den USA erheben unterschiedliche Körperschaftssteuern auf Staatsebene, sowie Umsatz- bzw. Gebrauchssteuern; der Einfachheit halber befasst sich dieser Artikel nur mit den Steuern auf Bundesebene (Federal Income Tax).
2 Artikel 4 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen und einiger anderer Steuern (DBA-USA).
3 Amerikanische Corporations und AGs sind immer "Corporations"; standardmäßig sind GmbHs auch Corporations. Im Gegensatz zum deutschen Rechtstypenvergleich, ist die Qualifikation bestimmter juristischer Personen (sog. Eligible Entities) aus Sicht des IRS durch die Check-The-Box Regeln relativ einfach. Damit können die Gesellschafter einer LLC, LP oder KG optieren, diese vom IRS als eine Corporation behandeln zu lassen.
4 Standardmäßig werden KGs als steuerlich transparent betrachtet. Eine GmbH kann auch als steuerlich transparent behandelt werden, wenn ihre Gesellschafter so optieren.
5 I.R.C. § 11; der Körperschaftssteuersatz liegt zwischen 0% und 35% für Gewinne bis zu einer Höhe von $18,333,333.
6 DBA-USA Artikel 10 Absatz 2 Buchstabe a sowie Artikel 10 Absatz 3; der Quellensteuersatz von 0% setzt u.a. voraus, dass zum Zeitpunkt des Entstehens des Dividendenanspruchs US-Inc. mindestens 12 Monate im unmittelbaren Besitz von DCo gewesen ist. Überdies muss DCo bestimmte Bedingungen aus Artikel 28 des DBA-USA erfüllen.
7 Vorausgesetzt, dass das Wirtschaftsjahr von US-Inc. dem Kalenderjahr gleicht. Diese Frist wird nicht selten versäumt und infolge dessen wird anstatt der Abgabe der Steuererklärung eine sechsmonatige Fristverlängerung beantragt.
8 Wenn Max in diesem Jahr mehr als 183 Tage in den USA verbringt, wird er ein "Resident Alien" und unterliegt der unbeschränkten amerikanischen Steuerpflicht. IRC § 7701(b)(3)(A). Beim Zählen seiner Tage in den USA, muss er darauf achten, ein Drittel der Tage des vorigen Jahres sowie ein Sechstel der Tage des Vorjahres einzurechnen. Id.
9 DBA-USA Artikel 10 Absatz 2 Buchstabe b.
10 DBA-USA Artikel 7; I.R.C. § 882(a).
11 I.R.C. § 884(a).
12 DBA-USA Artikel 10 Absätze 9 und 10.
13 I.R.C. § 871(b).
14 I.R.C. § 1.
15 DBA-USA Artikel 11 und 12. Zwischenbetriebliche Transaktionen müssen dem Fremdvergleichsgrundsatz (sowie den umfangreichen amerikanischen und deutschen/OECD Verrechnungspreiserichtlinien) entsprechen.
16 Eine Umwandlung von einer LLC oder LP in eine Corporation ist aus amerikanischer Sicht steuerlich oft günstiger als andersherum (d.h. von einer Corporation in eine LLC oder LP).

Posted

Related Practices

Related People